Marcus Garvey – Jamaikas erster Nationalheld


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Jeder, der Jamaika schon einmal bereist hat, wird bemerkt haben, wie stolz de Insulaner auf ihre Nationalhelden sind. Schon in der Grundschule lernen die Kinder, welche Bedeutung Marcus Garvey und Co. für Jamaika haben und welchen Einfluss auf die geschichtliche Entwicklung des Landes. An den meisten Schulen sind grosse Porträts von Jamaikas Nationalikonen zu bewundern, Strassen, Schulen und Plätze sind nach ihnen benannt. Vielerorts gibt es Statuen, Gedenktafeln und Denkmäler für sie, man kommt praktisch nicht an ihnen vorbei. Ihnen allen gemeinsam wird im National Heroes Park in Kingston gedacht.

Jamaikas erster Nationalheld scheint eine der umstrittensten Persönlichkeiten seiner Heimat zu sein. Seine radikalen Ansichten zur Rassentrennung werden auch heute noch diskutiert und hinterfragt. Warum er auf Jamaika trotzdem immer noch so verehrt wird, erklärt sich aus der puren Tatsache, dass er es durch seine Art, “den Spiess umzudrehen” und sich gegen die weisse Rasse zu stellen geschafft hat, der breiten Bevölkerung Jamaikas ein neues, starkes Selbstbewusstsein zu geben.

“Up, you mighty race!”

Negro-Aroused-Statue in Kingston

Marcus Mosiah Garvey wurde am 17. August 1887 im Parish St. Ann geboren. In der Market Street Nr. 32 in St. Ann’s Bay kann man immer noch seinen Geburtsort besuchen. Das Haus auf dem Anwesen, wo Marcus Garvey das Licht der Welt erblickte, wirkt allerdings nicht wie ein Ort des Gedenkens für einen Nationalhelden.

Lediglich zwei Tafeln weisen auf seinen berühmten ehemaligen Bewohner hin. Die Mauer, auf die einmal sein Konterfei gemalt war, war bei unserem letzten Besuch mit Stoffbahnen in panafrikanischen Farben verhüllt. Es gibt seit einigen Jahren Pläne, das „Marcus Garvey Haus“ zu restaurieren und als Museum für die Allgemeinheit zu öffnen, was der Parish-Hauptstadt St.Ann’s Bay sicher nicht schaden würde.

Marcus Garveys junge Jahre

Marcus wuchs als Sohn eines Maurers in eher einfachen Verhältnissen als jüngstes von insgesamt 11 Geschwistern auf. Sein bücherbegeisterter Vater weckte schon früh seine Liebe zum gedruckten Wort. Als 13-jähriger konnte er eine Lehre in der Druckerei seines Paten Alfred Burrows machen.

Kein Wunder also, dass eine Statue von Marcus Garvey auf dem Gelände der Parish-Bibliothek in St.Anns Bay zu bewundern ist. In der oberen Etage der Bücherei gibt es eine interessante Ausstellung über den ersten Nationalhelden Jamaikas.

In der 2018 niedergebrannten Methodist Church in St.Ann’s Bay, wohnte auch die Garvey-Familie oft den Gottesdiensten bei, Mutter Sarah war sehr gläubig. Ob Marcus hier getauft wurde, ist nicht überliefert, aber wahrscheinlich, denn die St.Ann’s Bay Methodist Church wurde am 1. August 1838 eröffnet.

1906 ging seine Mutter mit ihm nach Kingston. Dort arbeitete er in einer Druckerei, wo er in kurzer Zeit zum Vorarbeiter aufstieg und sich früh schon für die Rechte der Arbeiter und für die Entkolonialisierung einzusetzen begann. Als Vizepräsident der Typografischen Union hatte Marcus Garvey eine wichtige Rolle während eines erfolglosen Druckerstreikes im Jahr 1908. Er wurde entlassen und aufgrund seiner Aktivitäten bekam er bald keine private Anstellung mehr. Er war dann eine Weile in der Regierungsdruckerei tätig und veröffentlichte sogar eine kleine Zeitung. „The Watchman“, die aber nur 3 Ausgaben hatte.

Den Ort in Smith Village West- Kingston, wo Marcus Garvey mit seiner Mutter lebte, gibt es nicht mehr. Er wurde wahrscheinlich entweder beim Erdbeben 1907 zerstört oder fiel 1935 dem Abriss wegen Stadtumbau anheim.
Marcus Garvey ist als Erster zum Nationalheld Jamaikas geehrt worden und hat ein Monument im National Heroes Park in Kingston.

Marcus Garvey Büste im National Heroes Park in Kingston

  Garveys “Wanderjahre”

Garvey  enschloss sich, Jamaika den Rücken zu kehren und  arbeitete ein paar Jahre in verschiedenen Ländern Mittel- und Südamerikas, wo er sich massiv mit dem Leid und den schlechten Lebens-und Arbeitsbedingungen der dunkelhäutigen Bevölkerung konfrontiert sah. Als er dann nach Jamaika zurückkehrte, versuchte er erfolglos, die jamaikanische Regierung zur Verbesserung der Lebensumstände in Mittelamerika zu bewegen. Um Finanzmittel für seine Ziele aufzutreiben, ging er dann nach Grossbritannien. Dort arbeitete er in London als Journalist unter anderem für eine panideologisch angehauchte Zeitung.

1914 gründete er in Jamaika mit seiner späteren ersten Ehefrau Amy Ashwood die Universal Negro Improvement Association (UNIA). Diese wuchs auch international schnell, da sie die Selbstverwaltung der Schwarzen weltweit förderte und gegen die Rassendiskriminierung eintrat. Im Gegensatz zu vielen anderen Organisationen, die sich für Schwarze einsetzten, propagierte die UNIA jedoch eher die Rassentrennung als Integration. Garvey glaubte, dass Schwarze und Weiße niemals harmonisch leben könnten, und ermutigte Schwarze, sich von der weißen Gesellschaft unabhängig zu machen.

Die Kingston Liberty Hall in der 76 King Street wurde 1923 von der UNIA eröffnet. Von 1927 bis 1929 wurde die Kingston Liberty Hall zum weltweiten Sitz der UNIA.

Heute ist an diesem Ort ein Multimediales Museum zu finden, in dem sich alles um “The Legacy of Marcus Garvey” dreht. Infos über Öffnungszeiten und Eintrittspreie der Liberty Hall in der King Street in Kingston im Link.

Liberty Hall: The Legacy of Marcus Garvey, 76 (Upper)King Street, Downtown Kingston, Jamaika

Special thanks to Liberty Hall Facebook for permission to use the photos.

1916 ging Garvey in die USA, wo er bei Vorträgen den unterdrückten Schwarzen im ganzen Land seine Freiheitslehre predigte. Er baute die erste Niederlassung der UNIA ausserhalb Jamaikas in New York auf und setzte sich während Rassenunruhen in den USA für die Rechte der Schwarzen ein. In den folgenden Jahren gründete er die Negro Factories Corporation als Eckpfeiler einer globalen schwarzen Wirtschaft, welche sich aber nicht etablierte. “The Negro World” wurde als offizielles gedrucktes Sprachrohr der UNIA am 17. August 1918 veröffentlicht.

1919 begründete Marcus Garvey mit der Übernahme einer Reedereigesellschaft die “Black Star Line”, um allen Schwarzen die Möglichkeit zur Rückkehr nach Afrika zu geben und den Handel der schwarzen Nationen untereinander zu erleichtern.

Lieben heisst Kämpfen

Ebenfalls 1919 wurde er in New York Opfer eines versuchten Mordanschlags durch George Tyler, dessen Hintergründe nie aufgeklärt wurden, weil Tyler in der Untersuchungshaft zu Tode kam. Garvey überlebte durch den Körpereinsatz seiner Mitstreiterin Amy Ashwood. Er hatte Schussverletzungen an Kopf und Bein die aber nicht schwerwiegend waren. Garvey honorierte Amys Einsatz im selben Jahr mit einem Heiratsantrag, immerhin waren sie bereits seit vier Jahren heimlich verlobt. Die Ehe hielt drei Jahre. Garvey liess sich 1922 scheiden, um kurze Zeit später seine Sekretärin Amy Jacques zu ehelichen, die bis dahin auch die beste Freundin Ashwoods gewesen war.

“Look to Africa when a black king shall be crowned,
for the day of deliverance is at hand.”

Es verwundert nicht, dass in diesen Zeiten Garvey’s Worte auf die offenen Ohren der Schwarzen trafen und ihm sogar die Prophezeiung der Krönung eines schwarzen Königs in Afrika, der die Befreiung der Schwarzen bringen würde, zugeschrieben wurde. Er selbst dementierte diese Aussage als Fehlinterpretation. Ein von Garvey später verfasster Zeitungsbericht über die Krönung des schwarzen äthiopischen Kaisers Haile Selassie wird von Anhängern der Rastafari-Bewegung jedoch als Bestätigung seiner früheren Prophezeiung interpretiert. So gilt Marcus Garvey bis heute als Mitinspirator der Rastafari-Bewegung, obwohl er Selassie gegenüber kritisch war und diesen als schwarzen Messias ablehnte.

1923 wurde die Black Star Line zahlungsunfähig und man verurteilte Garvey wegen betrügerischen Bankrotts zu einer fünfjährigen Gefängnisstrafe. Vermutlich wurde er den weissen US-Politikern zu stark, 1927 wurde er nach Jamaika abgeschoben. Zurück in Jamaika setzte er seine politische Tätigkeit fort und gründete 1929 die Volkspartei. Er war bei nationalen Wahlen erfolglos, gewann jedoch einen Sitz in der Kingston and St. Andrew Corporation (KSAC). Verschiedene Unternehmungen, wie die Herausgabe von zwei Zeitungen auf Jamaika, scheiterten und mehr und mehr verlor Marcus Garvey an persönlichem Einfluss.

Frustriert verließ er 1935 Jamaika erneut nach England und liess seine Frau und die beiden kleinen Söhne zurück. In London erlitt er einen Schlaganfall, an dessen Folgen er am 10. Juni 1940 starb. Die Ehe mit Amy Jacques hielt trotz aller Widrigkeiten bis zu jenem Tag. Beigesetzt wurde er zunächst auf dem Kensal Green Cemetery in London.

Dem Nationalhelden Marcus Mosiah Garvey wird im National Heroes Park in Kingston gedacht.

Monument für Marcus Mosiah Garvey im National Heroes Park in Kingston/ Jamaika

Nachdem Marcus Garvey am 15. November 1964 zu Jamaikas erstem Nationalhelden geehrt wurde, überführte man seine sterblichen Überreste nach Jamaika. Er wurde im National Heroes Park in Kingston beigesetzt, wo er ein Monument in Form eines schwarzen Sternes erhielt.

Seine Visionen jedoch leben in vielen Jamaikanern und Schwarzen-Bewegungen auf der ganzen Welt weiter: Rassenstolz, das Bedürfnis nach afrikanischer Einheit und die Anerkennung und Eigenständigkeit der schwarzen Rasse.

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Quellen:
https://jis.gov.jm/information/heroes/marcus-mosiah-garvey/
https://en.wikipedia.org/wiki/Marcus_Garvey
http://www.jamaicatravelandculture.com/national-icons/marcus-garvey

Kategorien:JAMAIKAS PERSÖNLICHKEITEN, Marcus Mosiah GarveySchlagwörter:, , , , ,

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